Interview mit Julia Malchow, der Erfolgs-Autorin von „Mut für Zwei“

Das so lesenswerte Buch “Mut für Zwei – Mit der Transibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt” habe ich ja bereits hier auf Stylepuppe.com vorgestellt und konnte Julia Malchow ganz passend jetzt zur Sommer-Reise-Urlaubszeit für ein Interview begeistern. Die bescheidene Autorin ist überwältigt von der positiven Resonanz für ihr Erstlingswerk, dass sie schon ein zweites Buch plant. Aber zunächst steht ein viel bewegenderes Ereignis an: Julia Malchow wird im September zum zweiten Mal Mama. Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle! Mehr Informationen zu Julia Malchow und ihrem lesenswerten Buch und Blog findet ihr auf ihrer Website unter www.juliamalchow.de

1. Du bist Geschäftsführerin von einer Buchhandlung und von einem Reise-Unternehmen. Dazu Mutter eines kleinen Sohnes. Wie sieht denn so ein „Alltag“ von Dir aus? Wir haben zum Glück wenig Alltag. Wir überlegen uns am Wochenende, wie die kommenden Tage so aussehen werden und akzeptieren, wenn es anders kommt. Ich genieße es, flexibel zu sein und in Projekten zu denken und zu leben. Zum Glück teilt mein Mann diesen Lebensstil. Außerdem haben wir eine flexible Kita und eine noch flexiblere Nanny.

 

2. Das Medienfeedback zu Deinem Buch „Mut Für Zwei“ ist wirklich beeindruckend. Welches hat Dich persönlich am meisten bewegt? Ich bin absolut begeistert als Erstautor eine derartige Resonanz zu bekommen. Vielen Dank! Es berührt mich stark, wenn mein Buch oder meine Lesungen Menschen inspirieren, Themen zu überdenken, etwas zu wagen. Eine junge Mutter schrieb mir, dass sie nun nach meinem Buch den Entschluss gefasst hat, einige Monate der Elternzeit zu nutzen, um mit ihrer 11 Monate alten Tochter zu reisen. Sie war Feuer und Flamme und ich konnte ihre Energie zwischen den Zeilen spüren. Das war für mich ein wunderbares Gefühl. Eine weitere Dame, die selbst keine Kinder hat, schrieb mir, dass sie nun endlich den Mut aufbringt, die Transsibirische Eisenbahn zu bereisen – allein. Sie schrieb: Wenn sie das sogar mit Baby schaffen, dann schaffe ich das ja wohl alleine auch. Ich bin sehr stolz darauf, dass mir die Menschen, ob mit oder ohne Kind, ob Mann oder Frau, durch alle Altersschichten hindurch schreiben, dass mein Buch sie motiviert, Gestaltungsfreiräume in ihrem Leben zu sehen, die sie vorher einfach nicht genutzt haben. Und letztlich hat mich der Mann um die 60 beeindruckt, der seiner Tochter, die gerade ein Kind bekommen hat, mein Buch geschenkt hat. Mit so viel guten Wünschen in den Augen.

 

3. Hast Du einige Deiner Erkenntnisse zur Mutter-Sohn-Beziehung und zu Deiner Rolle als Mutter und Frau, die Du während Eurer Reise hattest auch in die Realität umsetzen können? Ich denke zum Beispiel daran, Levi genügend loszulassen, damit er seine Entdeckungen machen kann oder kein schlechtes Gewissen ihm gegenüber zu haben, wenn Du phasenweise mal viel arbeitest? Auf jeden Fall. Die Reise und auch das Schreiben über die Reise haben mein und unser Leben zu Hause komplett verändert. Ich habe tatsächlich kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich nicht bei meinem Sohn bin, sondern arbeite, mit Freunden ausgehe oder irgendetwas für mich mache. Ich weiß, dass mein Sohn wie ich Zeiten mit anderen Menschen braucht. Und ich habe in der Transsibirischen Eisenbahn gelernt, meinen Sohn auch loszulassen. Es versetzt mir keinen Stich, wenn er die Zeit mit seiner Nanny genießt und freudig „Tschüss Mama!“ ruft. Ich bilde mir nicht mehr ein, irgendetwas in Bezug auf meinen Sohn besser zu können, als mein Mann. All das ist enorm erleichternd. Mein Eindruck ist, dass Kinder in Deutschland überbehütet werden, dass sie tendenziell unterschätzt werden. Und sie sind zu wenig integriert, in das „normale“ Leben. In Deutschland werden Kinder auf einen Sockel gestellt und das Leben – gerade der Frau – um das Kind herum neu organisiert. In anderen Ländern werden die Kinder in die Leben der Eltern integriert. Meine Erfahrung ist, dass das den Kindern sehr viel Spaß macht: am Leben der Eltern teilzuhaben statt ein, nach irgendwelchen Kriterien vermeintlich optimales Babyleben zu leben. Die Reise war so vielseitig und lehrreich für mich und uns: ich blogge darüber (www.julia malchow.de) und im Buch gibt es natürlich auch mehr dazu J

 

4. Nach der Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn zum Baikalsee, in die Mongolei bis nach Peking will ich unbedingt wissen: wohin geht Deine nächste Reise?
&
5. Wirst Du Levi wieder mitnehmen? 
Ich bin gerade aus Südafrika und Lesotho zurückgekommen. Und ja, mein Sohn und mein Mann waren dabei. Meine nächste Reise führt mich aus beruflichen Gründen nach Patagonien, auf die Insel Chiloe – ohne Familie. Danach geht es wieder zusammen nach Kapstadt und Umgebung. Dann schon zu viert, mit Levis kleinem Bruder, der im September zur Welt kommt.

 

6. Inzwischen dürfte Levi aus dem Brei-Alter heraus sein. Habt ihr ein Lieblingsgericht, dass Du gerne für ihn kochst? Und falls ja, welches? Levi liebt Fisch – den grille ich ihm gerne! Außerdem steht er auf milde Curries und Muscheln – die bekommt er immer im Restaurant, denn ich bin keine begnadete Köchin. Im Prinzip isst er alles.


7. Ganz anderes Thema: interessierst Du Dich für Mode? Und falls ja, hast Du einen Lieblingsdesigner oder eine Lieblingsmarke? 
Ich interessiere mich für Mode. Mode soll meinen Lebensstil mitgehen und unterstreichen. Ich möchte mich in Mode, egal wie unvorhergesehen die Ereignisse des Tages sind, wohlfühlen. Außerdem soll Mode für mich nachhaltig zu Natur und Mensch sein. Die Kollektionen von Kathleen König und Ihrem Label Haltbar liegen da ganz auf meiner Linie.


8. Meine Gesellschaftsfrage, darf natürlich nicht in einem Interview mit Dir fehlen: was gefällt Dir an Deutschland besonders gut in Bezug auf das Muttersein und was findest Du verbesserungswürdig? 
Toll finde ich, dass theoretisch in Deutschland jede Mutter so leben kann, wie sie es für richtig hält. Theoretisch. Praktisch haben wir meiner Meinung nach in Deutschland ein Werteproblem: Kinder, Mütter, Familien werden zu wenig wertgeschätzt. Sie sind eher Störfaktor, halten den reibungslosen Betrieb auf und sollen sich möglichst unauffällig verhalten. Überhaupt ist unser Leben hier zu sehr auf reibungsloses Funktionieren statt auf individuelles Leben ausgerichtet. Außerdem dominiert in deutschen Köpfen immer noch das klassische Leitbild der „guten Mutter“, die die ersten ein bis drei Lebensjahre im Wesentlichen für das Kind da ist, ihre eigenen Bedürfnisse hinten anstellt und das Kind überbehütet. Und dann ist die Art, wie in Deutschland die Arbeitswelt organisiert ist und die Wertmaßstäbe, die in hierzulande Karriere und Erfolg definieren nicht unbedingt menschen- oder gar mutter- oder babyfreundlich.

9. Welches Buch liest Du gerade? Die Regenbogentruppe von Andrea Hirata

10. Und was wir alle wissen möchten: wirst Du ein weiteres Buch schreiben? Ja! Das Schreiben hat mir sehr viel Spaß gemacht und das zahlreiche positive Feedback beflügelt mich! Das Reiseprojekt für das zweite Buch steht schon – gedanklich. Jetzt bekomme ich erst einmal unser zweites Kind und dann geht’s los. Da kommt auf jeden Fall ein spannendes reiseintensives Jahr auf mich und uns zu.

 

Vielen Dank liebe Julia für das tiefgründige Interview!